„Eine spannende Space-Opera mit vielen verschiedenen Erzählebenen“ | Exposé-Autor Gerd Lange über 50 Jahre Raumschiff Promet

Beinahe 50 Jahre ist es nun her, dass die Heftromanserie „Arn Borul – Von Stern zu Stern‟ aus der Taufe gehoben wurde. Unter dem Titel „Raumschiff Promet‟ hat die Science-Fiction-Reihe in der Zwischenzeit eine dauerhafte Heimat beim BLITZ-Verlag gefunden. Ab dem Herbst soll „Raumschiff Promet – Sternenabenteuer‟ die Lücke zwischen den aktuellen beiden Taschenbuchreihen „Raumschiff Promet – Von Stern zu Stern‟ und „Raumschiff Promet – Die Abenteuer der Shalyn Shan‟ füllen. Ein guter Zeitpunkt, um mit Exposé-Autor Gerd Lange einen Blick in die Vergangenheit und die Zukunft der langlebigen Space Opera zu werfen …

BLITZ: In Kürze feiert „Raumschiff Promet‟ seinen 50. Geburtstag. Wann fand Deine erste Begegnung mit der Serie statt?

Lange: Ich war sozusagen ab dem ersten Tag dabei. Damals las ich regelmäßig Terra Astra. Daher kannte der Zeitungshändler in unserer Straße meine Vorliebe für Zukunftsromane. Als ich eines Tages im April 1972 den wöchentlich zurückgelegten Terra-Astra-Band abholte, zeigte er mir die erste Ausgabe von Arn Borul – von Stern zu Stern. Das grausige Titelbild und mein geringes Taschengeld als 14-Jähriger hielten mich nicht davon ab, das Heft zu kaufen. 1,50 DM war viel Geld für mich.

Noch am selben Abend las ich bis spät in die Nacht den Roman ohne Unterbrechung durch und verfasste total begeistert am nächsten Tag den ersten Leserbrief meines Lebens. Und war mächtig stolz, als er in Band 11 fast vollständig abgedruckt wurde.

BLITZ: Was, glaubst Du, macht die Grundidee der Serie auch 50 Jahre nach Entstehung noch spannend für ihre Leser?

Lange: Da sind zunächst diejenigen, die die alten Romane entweder durch die Hefte oder die Neuerscheinungen der Classic-Bände im BLITZ-Verlag noch kennen. Zu denen gehörte ich selbst auch als Nur-Leser der Taschenbücher bis Band 19 der jetzigen Serie Von Stern zu Stern. Mir ging es jedenfalls so, dass die Neufassungen dynamischer und frischer wirken. Und da sind die zusätzlichen neuen Handlungsebenen, die dem Ganzen eine andere Richtung geben.

Und für die, die bisher die Promet-Abenteuer der früheren Fassungen nicht kennen, ist es eine spannende Space-Opera mit vielen verschiedenen Erzählebenen, die sich langsam zu einem großen Ganzen entwickelt.

Dieses Konzept behalte ich, seit ich die Exposé-Arbeit übernommen habe, indem ich in kleinen Schritten nach und nach Handlungsebenen über mehrere Bände hinweg aufbaue.

BLITZ: Für „Raumschiff Promet – Von Stern zu Stern‟ erstellst Du die Exposés und bist auch als Autor tätig. Welche Aufgabe macht Dir mehr Spaß?

Exposé-Autor Gerd Lange | Foto: privat

Lange: Als Kenner der Serie würde ich gerne ausnahmslos sämtliche Romane am liebsten selbst schreiben. Da das leider zeitlich nicht geht, habe ich mich schnell damit angefreundet, wenigstens Kurzfassungen als Exposés zu entwerfen. Allerdings muss ich gestehen, dass diese meist sehr ausführlich ausfallen. Zum Glück scheint das weder den Verlag noch die bisherigen Autoren zu stören. Und das ist ein guter Kompromiss.

Ich springe nur dann an Stellen selbst als Autor ein, wo es mir zu kompliziert wird, den Handlungsbogen in Kurzform abzuliefern. Mal als ganzer Roman und manchmal auch nur als Teil davon.

BLITZ: Wie gestaltet sich die Aufgabe, eine Science-Fiction-Romanreihe aus den 1970ern in die 2020er zu übertragen? Was sind die Herausforderungen?

Lange: Man merkt den Originaltexten von damals deutlich an, wie sich Erzählweise, Lebensstile und auch wissenschaftliche Erkenntnisse und technischer Fortschritt in den 50 Jahren gewandelt und verändert haben. Außerdem wimmelt es in den alten Romanen nur so von Logikfehlern.

Meine Arbeit beginnt immer so, dass ich mir zunächst den oder die benötigten Alt-Romane der Serie in Papierform ausdrucke. In der ersten Phase bearbeite ich den Ursprungstext mit verschiedenen Textmarkern und mache mir dazu Randnotizen. Dann lasse ich das Gelesene einige Tage auf mich wirken, während ich mit notwendigen Recherchen zu Orten, Personen und aktuellen Informationen zu behandelten Themen beginne. Was passt inzwischen nicht mehr, wo können eigene Ideen einfließen, was muss aus heutiger Sicht völlig anders erzählt werden? Dabei gleiche ich ständig alles mit bereits erschienenen Romanen und zukünftig noch folgenden Geschichten ab, um Widersprüche zu vermeiden. Besonderen Spaß macht es mir, kleine Sequenzen einzufügen, die im Moment der Handlung unscheinbar erscheinen, sich aber in späteren Romanen deutlich auswirken werden. Zum Glück besitze ich sämtliche Romane in allen Fassungen inzwischen als Worddateien sowie ein umfangreiches Archiv zu Raumschiff Promet, in dem ich aus dem Vollen schöpfen kann. Selbst beim Verfassen der jeweiligen Exposés kommen mir oft noch Ideen, die ich in letzter Minute noch einbaue.

Jedes Mal freue ich mich über das Ergebnis beim fertigen Roman. Ich bin immer der erste, der das lesen darf. Dabei prüfe ich gleich mit, ob sich bei der Umsetzung des Exposés eventuelle Widersprüche zum Promet-Universum eingeschlichen haben, die korrigiert werden müssen.

BLITZ: Promet-Universum ist ein gutes Stichwort. Hast Du eine Lieblingsfigur?

Lange: Auf eine einzige Figur möchte ich mich nicht festlegen, bisher sind es mehrere, die meist in Nebenrollen auftreten. Da ist aus der Zeit, in der ich noch nicht für die Exposés zuständig war, der Moraner Lorn Jaci, der mich von Anfang an fasziniert hat. Insbesondere, weil er im Zusammenhang mit dem Tunguska-Zwischenfall von 1908 in Verbindung gebracht wurde, ein Ereignis, mit dem ich mich schon vor mehr als 20 Jahren sehr ausführlich beschäftigt habe.

Achim Mehnert erfand zum Beispiel die Figur des Privatdetektivs Enders Payntor. Hier hatte ich mich mit Achim abgestimmt, dass er eine tragende Rolle innerhalb der Serie einnehmen sollte. Hierfür entwickelte ich über einen Zeitraum von mehr als 7 Monaten die Handlung in Nordrussland. Allein die Recherchen über die Handlungsorte erforderten – natürlich mit Unterbrechungen – mehrere Wochen.

Heraus kam für den Roman „Geheimsache Psychomat“ ein 40-Seiten-Exposé, gespickt mit allen möglichen Details zu Handlungsorten, fiktiven und echten Geschichtsdaten und diversen Landkarten und Straßenplänen.

Achims erste Reaktion, als er das Expo erhielt, war: „… ist wirklich sehr umfangreich. Ich beschäftige mich in den nächsten Tagen damit.“ Das war nur wenige Tage vor seinem viel zu frühen Tod. Ob er tatsächlich noch lesen konnte, was Enders Payntor in diesem Roman erleben sollte, habe ich leider nie erfahren. Aber es war und ist mir ein besonderes Anliegen, Enders Payntor den Stellenwert in der Serie zu geben, die Achim Mehnert ihm offensichtlich zugedacht hatte.

BLITZ: Das war Dein Einstieg als Autor in die Serie?

Lange: Richtig. Nach Achims Tod übernahm Andreas Zwengel die Serie als Hauptautor. Das war und ist ein Glücksgriff für die Serie. Um ihn am Anfang dabei zu entlasten, teilte ich das ursprüngliche Exposé in zwei Hälften und übernahm den ersten Part, der dann unter dem Titel „Das fremde Ich“ erschien, nach fast 20 Jahren Pause mein erster selbstverfasster Roman.

Gerd Lange | Im Licht der drei Monde | Titelbild: Manfred Schneider

Aber ich komme nochmals auf meine Lieblingsfiguren zurück: Das sind vor allem die starken Frauen: die junge Shalyn Shan, Moreen Dohr und neuerdings die Psi-Auflöserin Mo Humas. Diese Figur haben Manfred Rückert und ich gemeinsam entwickelt.

Bei der Crew der Promet sind es insbesondere Doc Ridgers und Jörn Callaghan. Letzterer speziell wegen seiner Vorliebe fürs Pfeifenrauchen, das ich persönlich leider schon vor einigen Jahren aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste. Hier reizt mich auch im weiteren Verlauf der Serie, wie sich das Verhältnis zwischen ihm und Shalyn Shan entwickeln wird.

BLITZ: Neben den Neuerzählungen der klassischen Promet-Abenteuer in „Von Stern zu Stern‟ und den neuen „Abenteuern der Shalyn Shan‟ erscheint ab Herbst eine dritte Promet-Reihe bei BLITZ: „Raumschiff Promet – Sternenabenteuer‟. Was kannst Du darüber erzählen?

Lange: Diese Geschichten spielen, zeitlich gesehen, genau im Zeitraum zwischen Von Stern zu Stern und der Promet-Taschenbuchreihe Die Abenteuer der Shalyn Shan. Aber der Einstieg in die neue Reihe der Sternenabenteuer klappt auch ohne Vorkenntnisse, wenn man die beiden anderen Serien nicht kennt.

Andreas Zwengel | Mehr als tausend Lichtjahre | Titelbild: Mario Heyer

Shalyn flog bekanntlich schon vor dem ersten Einsatz der Promet V als Kommandantin auf der Promet IV und der Titan. Soweit noch vorhanden, werden auf der Grundlage der alten Exposés und Romane der früheren drei Promet-Reihen Neue Abenteuer, Titan Sternenabenteuer und Star Voyager die Storys neu erzählt. Alle drei dann erscheinenden Serien werden am Schluss in einigen Jahren eine durchgehende Handlung in Taschenbuchform und ohne zeitliche Lücken ergeben.

BLITZ: Welche Romane, ob Science Fiction oder andere Genres, haben Dich in Deinem Leben besonders fasziniert oder vielleicht sogar beeinflusst?

Lange: Ich starte mal einen Versuch, das wichtigste aufzuzählen: Sämtliche Romane um Raumschiff Orion, der Schwarm-Zyklus bei Perry Rhodan, die frühen Heftromane der Atlan-Serie, die Fledermaus-Romanreihe, Mythor, ganz besonders die von Kai Meyer initiierten Geschichten der Nibelungen-Reihe, die ersten 200 Bände Maddrax, die Retrieval Artist-Romane von Kristine Kathrin Rush, Jules Verne-Romane (möglichst mit den originalen Illustrationen), alles von Arthur C. Clarke, Robert Harris und Andreas Eschbach. Maigret-Krimis von Georges Simenon sowie aktuell die Wiener Kriminal-Romane um den Polizeiagenten August Emmerich von Alex Beer.

Außerdem habe ich es in über 20 Jahren eiserner Sammelleidenschaft geschafft, alle 133 Romane der Romanserie Percy Stuart vom Excentric Club aus den Jahren 1913 bis 1915 zusammenzutragen. Auch die Zweitauflage und Fortsetzung mit insgesamt 534 Heften aus den 1920er Jahren unter dem Titel Der neue Excentric Club besitze ich vollständig. Diese waren Jahrzehnte später die Grundlage für die Fernsehserie um Percy Stuart. Übrigens ist ein Abdruck der ersten vier Hefte in der Reihe KULT-Romane beim BLITZ-Verlag erschienen und immer noch erhältlich.

Also gleich mit den nächsten Promet-Büchern mitbestellen!

Im Herbst erscheinen zwei neue Bücher in der Reihe „Raumschiff Promet – Von Stern zu Stern‟ und die ersten beiden Bände der „Raumschiff Promet – Sternenabenteuer‟. Alle vier Titel sind im Shop des BLITZ-Verlags vorbestellbar.