„Ich habe immer davon geträumt, für Perry Rhodan zu schreiben“ | Teil 1 eines Interviews mit Autorenlegende Horst Hoffmann

Die „Orion“-Romane, die Fantasyreihe „Mythor“, der Science-Fiction-Dauerbrenner „Perry Rhodan“ oder die Hörspielserie „Jan Tenner“ – seit über 40 Jahren mischt der beliebte Autor Horst Hoffmann in der deutschen Phantastik mit. In diesen Tagen erscheint mit dem Mystery-Thriller „Und Feuer wird fallen“ sein wohl persönlichster Roman bei unserem Imprint „Rocket Books“. Zu diesem Anlass haben wir uns mit ihm über ein paar der spannenden Stationen seiner Autorenkarriere unterhalten …

BLITZ: Dein erster Roman ist 1976 erschienen? Wie kam es dazu?

Hoffmann: Mit Begeisterung habe ich als junger Mann „Terra SF“, „Utopia“ etc. gelesen und immer davon geträumt, mal für Pabel zu schreiben, wo u.a. auch „Perry Rhodan“ erschien, aber das war eine geschlossene Gesellschaft. Die hatten ihre Stammautoren und wenn du dir als Autor noch keinen Namen gemacht hast, gucken die sich dein Manuskript gar nicht an. Ich kannte aber, nachdem ich 1974 durch den Science Fiction Club Deutschlands ins Fandom gerutscht war, Uwe Anton. Der wohnte in Remscheid und hat samstags immer in der Wohnung seiner Eltern Parties veranstaltet. Da habe ich Ronald M. Hahn kennengelernt, den ich sehr bewundere. So eine Schreibe hat kein anderer drauf.

Gemini-Cover
Rudolf Sieber-Lonatis Cover für Hoffmanns ersten Roman „Sie warteten jenseits der Sterne“, erschienen 1976 in der Reihe „Gemini Science Fiction“

Mein erster Roman hieß „Sie warteten jenseits der Sterne“. Diesen Roman habe ich unter dem Pseudonym Neil Kenwood verfasst. Ronald M. Hahn hatte mir berichtet, dass der Kelter-Verlag in Hamburg eine neue Science-Fiction-Serie startet und fragte, ob ich ein Manuskript hätte. Ich sagte „Ja“ und schickte es ihm und er schickte es mir mit Verbesserungsvorschlägen zurück. Ein paar Wochen später hatte ich dann Bescheid: Der Kelter-Verlag nimmt das. Das erschien damals als N° 5 in der Reihe „Gemini Science Fiction“. Für einen armen Studenten wie mich gab es dafür ein Wahnsinnshonorar von 1500 Mark. Ich war stolz wie Oscar.

Danach habe ich noch zwei Bücher in der Reihe „Gemini“ veröffentlicht und anschließend habe ich mich mal getraut, ein Manuskript zu Günther Schelwokat zu schicken, das war der große Macher in Sachen Science Fiction und verantwortlich für die Heftromanreihe „Terra Astra“. Das wurde dann auch nach ein paar Korrekturen genommen. Damit hatte ich den Fuß in der Tür bei dem Verlag, wo ich reinwollte.

BLITZ: Bei Pabel!?

Hoffmann: Genau. In der Zeit habe ich dann auch den Autor William Voltz und den Titelbildzeichner Johnny Bruck kennengelernt. Willi Voltz hat mir in der Anfangszeit Tipps gegeben. Er wusste, was Schelwokat erwartete. Es folgte ein Terra-Roman nach dem anderen. Und irgendwann ging das weiter mit „Raumpatrouille Orion“. Die ursprüngliche Buchreihe war kurz zuvor mit Band 46 zu Ende gegangen. Die bisherigen Romane hatte fast ausschließlich Hans Kneifel geschrieben und nun sollte ein Team von Autoren gebildet werden: Das waren im einzelnen H. G. Ewers, Hans Kneifel, Hans Peschke und ich. Wir wurden die 4H-Crew genannt, da unsere Vornamen alle mit H anfingen. Das war eine tolle Zusammenarbeit, weil es so eine kleine Runde war, man konnte sich telefonisch immer absprechen.

BLITZ: Es wurden also die Abenteuer aus der Fernsehserie in den Romanen fortgesetzt?

Hoffmann: Die Fernsehserie ging über sieben Folgen und Hans Kneifel hatte mit seinen Büchern bereits begonnen, die Geschichten um die Orion weiterzuschreiben: Er hat das Orion-Universum ausgedehnt, sich Völker ausgedacht, aber irgendwann war Schluss. Und dann kam das neue Konzept, das einen Zeitsprung vorsah, und damit andere Akteure. Im Grunde war auf einmal alles anders, bis auf die Crew. Das war zwar nicht mehr genau das, was die Leute lesen wollten. aber es verkaufte sich trotzdem ganz gut. Eines Abends rief mich aber Herr Schelwokat an: Er hatte die Idee der Jugendabenteuer der Orion-Crew und fragte, ob ich mir das zutrauen würde. Ich machte mich ans Werk und innerhalb einer Woche habe ich mir das alles ausgedacht: Man kennt ja die Figuren aus der Fernsehserie und ich musste mir nun überlegen, wie die gleichen Charaktere 20 Jahre zuvor waren. Ich arbeitete wie im Rausch und das fertige Resultat kam auch gut an.

BLITZ: Ungefähr zur gleichen Zeit muss doch auch deine Arbeit für „Mythor“ begonnen haben!?

Feuer-Cover
Horst Hoffmann | Und Feuer wird fallen | Titelbild: Mario Heyer

Hoffmann: Bei Pabel Moewig starteten neue Autoren immer bei „Terra“ und rutschten dann in die Serien rein. Ich stieß zum „Atlan“-Autorenteam mit Band 312, auf der Autorenkonferenz 1977 in Heusenstamm. Das waren noch die Konferenzen, als nachts um 3 der Barkeeper kam, sich hinkniete und flehte, ob er endlich Schluss machen dürfe, er wolle nach Hause. Das war mein Anfang bei „Atlan“. Ich wollte natürlich gerne zur Mutterserie„Perry Rhodan“, aber da gab es, wie gesagt, eine feste Riege von Stammautoren und da kam man nicht einfach so rein, da brauchte ich mir erst mal keine Hoffnungen machen. Ich hatte auch so ein gutes Auskommen mit meinen Romanen und genug zu tun. Und dann kam der Anruf wegen „Mythor“ und zwar von Kurt Bernhardt persönlich, der ganz große Boss, Cheflektor der SF-Sparte bei Pabel. Sie machen eine neue Fantasy-Serie, sagte er, und ob ich da eventuell mitschreiben möchte.

BLITZ: Warst du denn selbst auch ein Fantasy-Fan oder doch mehr der Science Fiction zugetan?

Hoffmann: Ich war immer mehr Science-Fiction-Fan, hab aber auch gerne Robert E. Howard oder Marion Zimmer Bradley gelesen. Ich hatte nur noch nie Fantasy geschrieben, das ist ja eine ganz andere Art zu schreiben.

BLITZ: Deutsche Fantasy war ja auch damals eher selten!?

Hoffmann: Es gab zuvor die „Dragon“-Serie, aber die ist irgendwann eingestellt worden und dann kam „Mythor“ quasi als zweiter Versuch. Dragon 2.0 sozusagen. Also ging es für mich wieder zu einer Konferenz, diesmal in München. Dabei waren u. a. Ernst Vlcek und Hubert Straßl, der auch die Exposés machte und die ersten beiden Romane schreiben sollte. Die ersten Romane einer Serie sind immer etwas Besonders, bei „Dragon“ hatte die Willi Voltz verfasst. Die Exposes wurden verteilt und ich erhielt den Doppelband 11 und 12. Schön und gut, aber dann klingelte kurz nach meiner Heimkehr aus München mein Telefon. Es war Kurt Bernhardt, der mich fragte, ob ich bereit wäre, die N° 2 zu schreiben. Hubert Straßl würde gerade in seinem Garten Gurken und Regenwürmer zählen und hätte keine Lust, daher sollte ich die N° 2 übernehmen. Aber ich hatte ja noch nie einen Fantasy-Roman gelesen.

BLITZ: Dafür ist dir „Die Flotte der Caer“ aber gut gelungen.

Hoffmann: Es gibt in der Fantasy diese ganz besondere Sprache. „Er vermochte“ statt „er konnte“ oder „er gedachte“ statt „er wollte“ und so weiter. Das hab ich mir nach der Lektüre einiger Bände der Reihe „Terra Fantasy“ selbst beigebracht. Ich fand es jedenfalls schade, als „Mythor“ dann irgendwann eingestellt wurde, das war eine schöne Sache.

BLITZ: Wie bist du dann schließlich doch bei Perry Rhodan gelandet?

Hoffmann: Willy Voltz rief an und sagte, er habe ein Exposé für mich. Der Roman erschien später als Band 1076, „Der Weg der Porleyter“. Ich hatte ja schon oft bei ihm angerufen und er hatte mich immer vertröstet, aber jetzt war es soweit. Und ich hatte ihm immer gesagt, dass ich als Rheinländer mal gerne irgendwann Band 1111 schreiben würde. Und nachdem ich nach meinem „Perry Rhodan“-Debut noch zwei weitere Bände für die Serie geschrieben hatte, erhielt ich schließlich das Exposé zu Band 1111, was aber reiner Zufall war. Ich warnte Willy vor, dass ich als Rheinländer mit Band 1111 etwas Besonders machen würde, und er antwortete: „Schreib mal von der Leber weg“. Das hab ich dann auch getan, aus Gucky einen Wer-Ilt gemacht und noch weitere verrückte Ideen eingebaut. Ich habe das Manuskript abgeschickt und am nächsten Morgen rief Willy an: „Horst, was hast du dir dabei gedacht?“ Das Problem war natürlich: Man hat damals noch nicht mit Computern gearbeitet und es ließ sich nicht so einfach schnell etwas neu schreiben. Und der Erscheinungstermin stand so knapp bevor, sie konnten es nicht komplett neu schreiben lassen, z. B. von einem anderen Autor. Die waren gezwungen, das zu drucken. Anschließend durfte ich aber für 400 Bände pausieren.

In dieser Zeit war ich ein paar Jahre als Redakteur für die Serie zuständig, war aber irgendwann dem Stress nicht mehr gewachsen. Ich bekam auch die Krimis und Western aufs Auge gedrückt und es war einfach zu viel. Die ganze Hektik mit Vertretertagungen, auf denen viel Alkohol floss. Dafür war mir meine Familie einfach zu wichtig. Ich bin zum Geschäftsführer gegangen und hab ihm die Lage geschildert, anschließend durfte ich zwei Tage die Woche im Home Office arbeiten, aber das klappte auch nicht so richtig. Daher gab ich diesen Posten auf, blieb aber noch im Schwarzwald wohnen für 2-3 Jahre.

Im zweiten Teil des Interviews berichtet Horst Hoffmann über seine Arbeit an der beliebten Hörspielserie „Jan Tenner“ in den 1980ern und erzählt, wie der Kontakt zum BLITZ-Verlag zustande kam und warum sein neuer Roman „Und Feuer wird fallen“ eine ganz besondere Bedeutung für ihn hat.

„Und Feuer wird fallen“ ist im Shop des BLITZ-Verlags erhältlich.